Nordkap
Nordkap

 
Kildin
Kildin

 
Archangelsk
Archangelsk 1613

 
Archangelsk
Hafen von
Archangelsk

 
Karte Nordwest-Russlands, ca. 1640
Karte Nordwest-
Russlands, ca. 1640

 

Der Handelsweg über das Nordkap zum Weißen Meer
Drei Schiffe, ausgerüstet von einigen Londoner Kaufleuten hinter The English Company of Merchant Adventures for the Discovery of Lands, Territories, Isles, Dominions and Seignories Unknown liefen im Mai 1553 von der Themse aus. Die Schiffe hielten Kurs nach Norden, mit dem Ziel, eine Idee in die Tat umzusetzen, die schon seit Jahrzehnten in England diskutiert wurde: die Nordostpassage nach Japan, China und Indien zu finden. Die Engländer glaubten nicht nur an große Reichtümer im Osten, sondern sie meinten auch, der Weg nördlich an Russland vorbei sei sowohl schneller als auch sicherer als die Handelsrouten, die die Spanier und Portugiesen entdeckt und schließlich auch für sich in Anspruch genommen hatten.

Sir Hugh Willoughby, der Leiter der Expedition, sollte das sagenumwobene Cathay (der alte Name Chinas) nicht erleben und auch nie in seine Heimat zurückkehren. Zusammen mit einer Besatzung von rund 70 Mann von zweien der Schiffe verhungerte oder erfror er in der nördlichen Eisöde. Möglicherweise sind sie bei ihrem Überwinterungsversuch auch an Kohlenoxydvergiftung zugrundegegangen. 1554 fanden russische Fischer die Leichen der Engländer an der Ostmurmanküste. Gut dreihundert Jahre später, 1872, gelang es A. E. Nordenskiöld, den Seeweg durch die Nordostpassage zu finden. Was das Ziel der Reise anging, war die arktische Expedition der Engländer 1553 missglückt. Während zwei Schiffbruch erlitten, gelangte das dritte und größte Schiff, die Edvard Bonaventura unter dem Kommando Richard Chancellors (gest. 1556), schließlich bis zur Mündung der Dwina ins Weiße Meer. Dieses Ereignis sollte der Auftakt zu einer der wichtigsten geografischen Entdeckungen der Zeit werden: Chancellors Schicksal führte zur Aufnahme direkter Handelsverbindungen zwischen England und dem zaristischen Russland. Russlands Entdeckung durch die Briten war somit ein zufälliger Nebeneffekt des Versuchs, einen nordöstlichen Seeweg nach China zu finden.

Richard Chancellor kam Ende August 1553 zum Weißen Meer und wurde von den russischen Behörden freundlich empfangen. Im Laufe seines Aufenthalts kam es zu einer Audienz am Hofe zu Moskau. Im November reiste Chancellor mit dem Schlitten über das Inland zum Zaren Iwan IV. Grozny, dem Schrecklichen (gest. 1584). Hier nahm man die Engländer mit "barbarischer Pracht" entgegen. Als sie im Sommer 1554 Siegel der Russlandkompanie nach England zurückkehrten, führten sie einen Privilegienbrief des Zaren mit sich, der den Hafen an der Dwina-Mündung für den englischen Handel freigab. The Muscovy Company, auch bekannt als The Russia Company, erblickte 1555 in London das Licht der Welt, und ab 1557 herrschte ein regelmäßiger Handelsverkehr nach Nordrussland.

Als Schweden ab 1581 die russischen Exporthäfen der Ostsee eroberte, war das Weiße Meer die einzige verbleibende Handelsroute zwischen den europäischen Seefahrtsstaaten und dem Zarenreich. Damit war der Schwerpunkt des Handels mit Russland nach Norden gerückt, und der Zar ließ 1584 den großen Exporthafen Archangelsk anlegen (früher Nowo Kholmogorij und lange nur als St. Nicolaus bekannt).

Im 16. Jahrhundert wurde der Handel mit den Küstenbewohnern, den Pomoren, von Schotten und Engländern beherrscht, ab ca 1565 jedoch spielten Flamen und Holländer eine gleich große Rolle. Das ganze 17. Jahrhundert hindurch waren es in erster Linie die Holländer, die Archangelsk und die Murmanküste ansteuerten. Die europäische Seefahrt in den Norden war voller Gefahren, brachte aber große Gewinne mit sich. Nach Russland brachten die Kaufleute Textilien, Salz, Wein, Edelmetalle, andere Luxuswaren und, einzelnen Berichten zufolge, Waffen. Dafür handelte man bei den Russen Tauwerk, Holz, Kabeljau, Lachs, Tran, Pelzwaren und Salpeter ein.

Der zunehmende Verkehr über das Nordkap führte zu einem verstärkten Interesse an den nördlichen Gebieten und wurde zum Ausgangspunkt für bittere Streitigkeiten zwischen den nördlichen Ländern. Der Kampf um die Souveränität über die großen Land- und Seegebiete der Nordkalotte mit ihren Naturvorkommen hat auch heute noch keine endgültige Lösung gefunden.

   © Universitätsbibliothek Tromsö - 1999.
Die Nordlichtroute gehört zu den Kulturpfaden des Europarats. Diese Kulturpfade sind als Einladung an Europäer zu verstehen, ihre gemeinsame Identität zu erwandern und die Orte aufzusuchen, an denen die europäische Einheit, aber auch ihre Vielfalt ihren Ursprung haben.
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