Der Hafen von Vardø um 1900
Der Hafen von Vardø
um 1900


Fischmarkt in Archangelsk
Fischmarkt in
Archangelsk


Kildin
Kildin, Ende des
16. Jahrhunderts
Der Pomorenhandel

Von jeher hat zwischen Nordnorwegen, Lappland und dem nordöstlichen Teil Russlands ein ausgedehnter Warenaustausch stattgefunden. Der sogenannte Pomorenhandel jedoch ist zeitlich begrenzt und eine Besonderheit dieser ursprünglich so engen Handelsbeziehungen. Im Allgemeinen ist damit der Handel gemeint, der am Anfang des 18. Jahrhunderts im Norden einsetzte und etwa zweihundert Jahre dauerte - bis zur russischen Revolution von 1917. Er war über weite Teil der nordnorwegischen Küste verbreitet und wurde zwischen den Einheimischen und Russen aus den Küstengebieten am Weißen Meer betrieben. Indem sie den Warentransport regelten und jährliche Besuche machten, waren die Russen der aktivere Part dieses Handels.

Das Wort "Pomor" bedeutet etwa "am Meer gelegen" und wird als Bezeichnung für einen nordischen Seefahrer oder für einen Russen von der Weißmeerküste benutzt. Archangelsk ist die Hauptstadt der Pomoren und beherbergt heute die Pomor Universität. Die Stadt wurde 1584 als Handelszentrum für Nordostrussland gegründet. Dieser Handel wurde jedoch von Schotten, Engländern und Holländern betrieben und darf nicht mit dem Pomorenhandel verwechselt werden.

Der Pomorenhandel basierte auf dem Austausch von Fischereiprodukten und Getreide. Die Pomoren brachten Mehl und Getreide nach Nordnorwegen; in der Hauptsache war es Roggenmehl - "Russenmehl" - das gegen verschiedene Arten von Fisch wie Flundern, Dorsch und Lachs eingetauscht wurde. Weil die Russen auch an Pelzprodukten interessiert waren, erlangten ihre Aktivitäten ebenso für die samische Bevölkerung eine große Bedeutung. Der Handel zwischen den Pomoren und den Nordnorwegern erreichte einigen Umfang, insbesondere zu Kriegszeiten, bei Missernten oder bei Ausbleiben lebensnotwendiger Warenlieferungen aus Südnorwegen. Im 19. Jahrhundert, als der Russenhandel am größten war, besuchten jährlich mehr als 300 Pomorenschiffe die nördlichen Landesteile Norwegens. Mit den Schiffen kamen insgesamt fast 2000 Menschen, die Jahr für Jahr dieselben Plätze in Nordnorwegen aufsuchten. Schließlich entwickelte sich sogar eine spezielle russisch-norwegische Pidginform als Verkehrssprache zwischen Norwegern und Russen.

Infolge der Handelspolitik der dänisch-norwegischen Doppelmonarchie galt der Pomorenhandel im 18. Jahrhundert als illegal. Wer mit den Russen Handel trieb, wurde von den wohlhabenden Kaufleuten bestraft, indem sie den einfachen Leuten den Kauf ihres Wintervorrats verweigerten. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Russenhandel jedoch legalisiert. Die Monopole traten außer Kraft, und ab 1789 unterlag der Handel in Finnmark keinen Beschränkungen mehr. Von nun an wurde der Landesteil mit Getreide und Mehl aus dem Osten versorgt, und als Folge dieser Handelsbeziehungen wurden die ersten Städte in Nordnorwegen gegründet. Die wichtigste Stadt wurde Vardø; sie gilt als die Pomorenhauptstadt Norwegens. Im Unterschied zum bisherigen Handel sollten die städtischen Kaufleute und die selbsternannten Landjunker hier das Alleinrecht genießen. Der direkte Warenaustausch zwischen einfachen Leuten und den Pomoren wurde 1796 verboten - allerdings nur für den begrenzten Zeitraum eines Jahres.

Der Pomorenhandel beschleunigte die Entwicklung liberalistischer Ideologie und freiheitlicher Handelsgesetzgebung in Dänemark-Norwegen, indem das sogenannte Finnmark-Monopol aufgehoben wurde. Durch den Russenhandel entwickelte sich Finnmark zu einem attraktiven Ziel für Menschen, die eine neue Heimat suchten; dies galt sowohl für Norweger als auch für die Quenen aus Finnland. Die Erlaubnis, mit den Pomorschiffern freieren Handel zu treiben, betraf ab1839 auch die Einwohner weiterer Landstriche Nordnorwegens.
Mit der russischen Revolution fand der Pomorenhandel ein Ende, was die nordnorwegische Wirtschaft stark beeinträchtigte und ernste Folgen für die Gemeinden im samischen Küstengebiet hatte.

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   © Universitätsbibliothek Tromsö - 1999.
Die Nordlichtroute gehört zu den Kulturpfaden des Europarats. Diese Kulturpfade sind als Einladung an Europäer zu verstehen, ihre gemeinsame Identität zu erwandern und die Orte aufzusuchen, an denen die europäische Einheit, aber auch ihre Vielfalt ihren Ursprung haben.
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