Christian IV.
Christian IV.

Loppa
Loppa

Die Fahrt nach Malmis
Die Fahrt nach Malmis
Die Seereise Christians IV. von 1599 nach Norden
Drei Frühlings- und Sommermonate des Jahres 1599 lang leitete der junge dänisch-norwegische König Christian IV. (1577-1648) eine dramatische Expedition in den Norden seines weitläufigen Reiches. Die Fahrt verlief nach Vardø und von da aus ein Stück in östliche Richtung auf nordrussischem Gebiet. Diese Reise erscheint aus heutiger Sicht als ein sehr kühnes Vorhaben - möglicherweise die riskanteste, die je ein europäischer Monarch angetreten ist. Der König fuhr in den Norden mit einem Flottenverband, der zur Hälfte aus der dänischen Marine bestand. Die meisten Schiffe waren mit einer Vielzahl Kanonen ausgerüstet. Zweck des Unternehmens war die Säuberung der Hoheitsgewässer seiner Königlichen Majestät von Seeräubern, Freibeutern und anderen Seefahrern, die nördlich von Vardø schifften, ohne Zoll an Dänemark-Norwegen zu entrichten.

Die acht Kriegschiffe liefen Mitte April 1599 von Kopenhagen aus und kehrten Mitte Juli in die Hauptstadt zurück. Viele hundert Adlige und Seeleute nahmen an dieser gigantischen Operation zur Küstenbewachung teil. Allein das Königsschiff Victor hatte eine Besatzung von mindestens 200 Mann. Über diese Fahrt ins nördliche Eismeer liegen zwei Berichte vor; beide Tagebücher liefern interessante topografische und ethnografische Aufschlüsse. Die Reiseschilderungen erzählen von den sturmvollen und ungastlichen Küstengebieten, von Begegnungen mit samischem Schamanentum und mit russischen Offizieren sowie von der Natur und den Lebensbedingungen.

Christian IV. hatte 1596 formal die Regentschaft über Dänemark-Norwegen angetreten. Seine erste große außenpolitische Herausforderung war das Verhältnis zu Schweden und die Gewalt über das Küstenterritorium. Am Ausgang des16. Jahrhunderts war Schweden nämlich dabei, seine Grenzen und damit die steuerpflichtigen Gebiete bis zu den Fjordküsten Nordnorwegens auszuweiten. Damit bedrohte das Land die Interessen der dänisch-norwegischen Krone auf der Nordkalotte. Dies ist der Hintergrund für die Reise des Königs; er wollte sich selbst ein Bild über die Verhältnisse im nördlichsten Teil der Doppelmonarchie machen, Flagge zeigen und so seine Oberhoheit im Nordterritorium zu erkennen geben.

In den Berichten über das Unternehmen heißt es, dass die Victor am 10. Mai die Insel Loppa und damit die Grenze zu Finnmark passierte. Einige Tage später umschiffte man das Nordkap, und am 14. Mai konnten die Schiffe im Bussesund vor Vardø vor Anker gehen. Von dort aus zog der König mit seinem Flaggschiff und einigen der größten Begleitsschiffe weiter in Richtung Osten. An der Küste Nordrusslands erklärten sie die dänische Oberhoheit über das Fahrwasser, indem sie englische und holländische Handelsschiffe konfiszierten. Nach einer heftigen Kollision mit einem unter Wasser gelegenen Felsen bei der Insel Kildin mussten der König und sein Gefolge beidrehen. Vermutlich hatte er ursprünglich vorgehabt, noch weiter östlich zu fahren. Auf dem Heimweg war das Geschwader häufig schlechten und kalten Wetterverhältnissen ausgesetzt. Die Tagebuchautoren preisen Gott, weil er sie vom Ende der Welt zurück in die Zivilisation gebracht hat.

Nach den Erfahrungen aus dieser Seereise griff der König in seinen Beziehungen zu Schweden, Russland und den westeuropäischen Handelsstaaten, die die nördlichen Gebiete befuhren, härter durch. Nachdem einige englische Handelsschiffe aufgebracht worden waren, kam es zu großen Unstimmigkeiten zwischen Elisabeth I. und Christian IV. Verhandlungen führten nicht zum Erfolg. Das Verhältnis zu England besserte sich jedoch, als Jakob I. aus dem Hause Stuart den englischen Thron bestieg. Er stammte aus Schottland und war mit einer Schwester Christians verheiratet. Im Konflikt zwischen Dänemark und Schweden am Anfang des 17. Jahrhunderts agierte Jakob als Mittler. Die Auseinandersetzungen zwischen Schweden und Dänemark-Norwegen um den Einfluss auf der Nordkalotte erreichten mit dem sogenannten Kalmarkrieg (1611 - 1613) ihren Höhepunkt, aus dem Christian als Sieger hervorging. Die Beziehungen zu Russland regelte der König, indem er in Finnmark Bergvogte einsetzte. Die Aufgabe des Vogts war es, einmal im Jahr nach Malmis bzw. Kola zu reisen und den russischen Bojaren territoriale Besitzansprüche vorzulegen. Diese Reisen wurden noch bis 1813 fortgeführt.

Mehrere norwegische Historiker haben hervorgehoben, dass die riskante Seereise Christians IV. die Stellung Finnmarks als norwegische Provinz gesichert hat. Hätte nicht Christian vor vierhundert Jahren die Flotte zur Küstenbewachung gerüstet, wäre der nördlichste Landesteil Norwegens heute wahrscheinlich ein Teil Schwedens.

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Die Nordlichtroute gehört zu den Kulturpfaden des Europarats. Diese Kulturpfade sind als Einladung an Europäer zu verstehen, ihre gemeinsame Identität zu erwandern und die Orte aufzusuchen, an denen die europäische Einheit, aber auch ihre Vielfalt ihren Ursprung haben.
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